Veranstaltung: | Delegiertenkonferenz der EJiR am 27. und 28. September 2025 |
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Tagesordnungspunkt: | 4.2.4. Antrag A6: Einsetzung einer Projektgruppe „Innovationsprozesse auf Landesebene““ (Fabian Eßer) |
Antragsteller*in: | Fabian Eßer (Kirchenkreis Krefeld-Viersen) |
Status: | Geprüft |
Eingereicht: | 29.08.2025, 15:05 |
A6: Einsetzung einer Projektgruppe „Innovationsprozesse auf Landesebene“
Antragstext
Die Delegiertenkonferenz möge beschließen:
Einsetzung einer Projektgruppe „Innovationsprozesse auf Landesebene“
Die Evangelische Jugend im Rheinland richtet eine Projektgruppe
„Innovationsprozesse auf Landesebene“ ein, die sich mit Fragen beschäftigt, die
sich für die Kinder- und Jugendarbeit sowie für mit ihnen verwandte Themen aus
den perspektivisch schwindenden personellen und finanziellen Ressourcen von
Gemeinden, Kreisen sowie der EKiR und EJiR selbst ergeben (Fragestellung).
Ziel ist die Erstellung eines Abschlussberichts, der im Schwerpunkt konkrete
Handlungsoptionen im Zuge dieser Fragestellung für die Landesebene darlegt. Die
Projektgruppe soll sich nicht bloß damit befassen, durch welche Kürzungen welche
Einsparungen möglich sind (Kürzungen als Reaktion auf Sparzwänge). Vielmehr soll
es auch und insbesondere darum gehen, innovative bzw. neue Ideen für
Handlungsoptionen zu entwickeln, die ggf. Investitionen erfordern aber
langfristig Einsparungspotentiale bieten (Innovation als Reaktion auf
Sparzwänge).
Die Projektgruppe passt ihre Vorschläge den aktuellen Entwicklungen auf den
unterschiedlichen Ebenen an und bedenkt deren Verläufe bei ihren eigenen
Überlegungen. Für diese Zwecke nutzt sie auch Ergebnisse und Konzepte anderer
Landeskirchen.
Mögliche Anknüpfungspunkte können unter anderem folgende sein:
- Bürokratieabbau, Zentralisierung
- Finanzierungsquellen
- Stärkerer Beteiligung der Landesebene bei Kinder- und Jugendarbeit
Für den Fall, dass Die Projektgruppe zu der Überzeugung gelangt, dass sie die
Fragestellung in der oben beschriebenen Art und Weise abschließend bearbeitet
hat, kann sie ihren Bericht um eine Zusammenfassung des Sachstandes auf
Gemeinde- und Kreisebene zu laufenden Veränderungsprozessen ergänzen und sich
mit Handlungsempfehlungen für diese beschäftigen.
Die Projektgruppe wird zunächst für ein Jahr eingesetzt. Die Projektgruppe steht
mit dem Vorstand in engem Austausch und kooperiert mit diesem, wo möglich und
sinnvoll. Zwecks Informationsbeschaffung kann sie an hierfür relevante
Institutionen herantreten. Die Delegiertenkonferenz entscheidet über den Umgang
mit dem Bericht.
Begründung
Die Evangelische Kirche im Rheinland sowie ihre Kreise und Gemeinden erleben derzeit eine große Fülle an Struktur- und Neuerungsprozessen. Klimaneutralität, finanzielle Einsparungen, Regionalisierung und das KJVG sind nur ein paar Projekte, die die Presbyterien und Kreissynodalvorstände beschäftigen. Von all diesen Prozessen ist die praktische Kinder- und Jugendarbeit unmittelbar oder wenigstens mittelbar betroffen. Insoweit scheint es naheliegend, dass sich auch die Evangelische Jugend im Rheinland mit diesen praxisrelevanten Herausforderungen beschäftigt. Die einzusetzende Projektgruppe soll sich vorwiegend mit den Herausforderungen infolge finanzieller Einsparungszwänge befassen. Sie konzentriert sich dabei auf die Landesebene und ist dazu angehalten nicht bloß vorzuschlagen, wie Geld gespart werden kann (dass dann in die aktive Jugendarbeit flösse). Vielmehr soll sie Vorschläge dazu erarbeiten, welche innovativen Projekte/Handlungsmaßnahmen jetzt auf Landesebene angestoßen werden könnten (ggf. unter Einsatz von Investitionen) um langfristig dafür zu sorgen, dass weniger gelebte Jugendarbeit wie Freizeiten, Gruppen, Jugendgottesdienste, Projekttage, etc.) den Sparzwängen zum Opfer fallen.
I. Nähere Erläuterungen zum Ziel der Projektgruppe:
1. Abstrakt
Der Antrag ist in sechs Absätze gegliedert. Bei den ersten drei Absätzen handelt es sich um zwingende Regelungen. Die Absätze vier und fünf eröffnende der Projektgruppe eigene Handlungsspielräume.
Der erste Absatz stellt klar, mit welcher Fragestellung sich die Projektgruppe beschäftigen muss. Hier ist die Formulierung jedoch sehr weit. Sie wird im vierten Absatz durch drei Maßnahmenfelder, mit denen sich die Projektgruppe befassen kann, konkretisiert. Von diesen Kann die Projektgruppe abweichen. Die drei Maßnahmenfelder wurden deshalb gewählt, weil sie im Wesentlichen die Beispiele unter Ziffer 2 abstrakt umschreiben.
Absatz 2 definiert die verbindliche Zielsetzung der Projektgruppe. Sie muss einen Bericht erarbeiten, aus dem sich Handlungsoptionen für die Landesebene ergeben. Sie darf nicht nur Vorschläge zu Kürzungen machen, sondern muss insbesondere neue Ideen – z.B. konzeptioneller oder rein praktischer Natur – für Maßnahmen/Projekte auf Landesebene erstellen, die langfristig Einsparungen ermöglichen aber eben nicht nur im stumpfen Kürzen von Ausgaben liegen.
Nach Absatz 3 muss die Projektgruppe aktuell laufende Prozesse und Veränderungsvorgänge auf Kreis- und Gemeindeebene sowie Konzepte anderer Landeskirchen in ihre Überlegungen und Diskussionen miteinbeziehen. Inwieweit diese Faktoren letztlich im Bericht auftauchen oder eben nur intern bei den Beratungen eine Rolle spielen, gibt der Antrag nicht vor.
Nach Absatz 5 kann die Projektgruppe über die Anforderungen von Absatz 2 hinaus ihren Bericht um bestimmte Inhalte zu Gemeinden und Kreisen ergänzen. Diese Regelung ist nur für den eher unwahrscheinlichen Fall vorgesehen, dass die Projektgruppe ihre Arbeit zur Landesebene abgeschlossen hat und sich gerne weiter betätigen möchte, insbesondere um ihre bisherigen Ergebnisse mit Prozessen auf anderen Ebenen konzeptionell zu verknüpfen.
2. Konkret
Im Folgenden werden einige Themen und Ideen beispielhaft aufgelistet, die für die Arbeit der Projektgruppe relevant sein könnten. Damit soll lediglich ein Gefühl für die Arbeit der Gruppe vermittelt werden. Ob sich die Projektgruppe mit diesen Themen befasst oder sich gar eine der Maßnahmen aneignet, ist vollkommen offen.
- Frage, die den Überlegungen über zentralere Angebote vorausgeht: Durch Einsparungszwänge entweder Angebote nicht mehr flächendeckend oder die Leute vor Ort machen weniger Verwaltungs- und Planungsaufgaben (inhaltliche Planung zumindest anbieten teilweise auf Landesebene mitzugestalten)
- Zwingend vorgegebener Schwerpunkt: Handlungsoptionen auf Landesebene (EKiR, EJiR, ELJVR); mögliche Ideen und Themen:
- Internetportal für Konzepte und Materialien z.B. für Jugendgottesdienste, Freizeiten, Kinderbibeltage, wo Gemeinden, Kirchenkreise (vielleicht sogar Privatpersonen?) Inhalte in einem standardisierten Format hochladen können, sodass diese einfach zugänglich und nutzbar werden
- Landesweite „Mustergottesdienste“, „Musterkinderbibeltage“, etc. für Gemeinden oder sogar Regionen, denen es aus personellen Gründen nicht mehr möglich ist jedes dieser Angebote selber vorzubereiten
- Eine Anpassung der „Musterangebote“ durch die Personen vor Ort ist natürlich dennoch möglich und wünschenswert
- Von der Landeskirche verhandelte Rahmenverträge mit Häusern für Freizeiten
- Gewisse Kontingente an Freizeiten werden auf die Kreise verteilt, wobei jeder Kreis bzw. jede Gemeinde natürlich auch darüber hinaus auf Freizeit fahren kann
- Ziel ist aufgrund einer besseren Verhandlungsposition der Landeskirche und ihrer größeren betriebswirtschaftlichen Expertise Preisnachlässe zu erreichen
- Für diese Häuser könnte die Landeskirche außerdem Material für „Musterfreizeiten“ im entsprechenden Haus zur Verfügung stellen, was insbesondere für solche Gemeinden und Regionen nützlich ist, die die Planung einer Freizeit aus personellen Gründen nicht leisten könnten
- Ganz wesentlich ist, dass die Kreise und Gemeinden letztlich weiterhin vollständig unabhängig bleiben und selbst entscheiden, welche Angebote sie seitens der Landesebene annehmen. Das ermöglicht weiterhin Einzelfalllösungen. Die Vorschläge sollen die Gemeinde und Kreise also unterstützen und nicht ihnen etwas „wegnehmen“. Solche „Musterveranstaltungen“ sind insbesondere für jene relevant, denen die notwendigen Ressourcen für die Planung und inhaltliche Ausgestaltung einer umfangreichen Kinder- und Jugendarbeit fehlt. Gemeinden, die sich einmal im Monat einen eigenen Jugendgottesdienste leisten können oder Freizeiten außerhalb eines etwaigen landeskirchlichen Plans leisten können und wollen, sollen das gerne tun.
- Entbürokratisierung
- Digitalisierung?[3]
- Höhere öffentliche Zuschüsse durch offene Briefe/Petitionen/etc. in Kooperation mit Personen des öffentlichen Lebens und großen Zusammenschlüssen mit Gemeinden, Kirchenkreisen und ggf. anderen Landeskirchen zwecks mehr politischen Drucks bzw. intensivere mediale Auftritte, Fokus auch auf soziale Medien für größere Diskursmacht; ggf. unter Androhung von Erhebung/Erhöhung von Beiträgen für Nicht-Kirchenmitglieder
- Zentralisierung im Bereich Social Media: Überregionale Themen auf Kanälen der Landesebene behandeln, sodass sich Gemeinden und Kreise nur auf „ihre“ Themen vor Ort konzentrieren müssen. Mögliche Themen: Reagieren auf christliche Fundamentalisten, interreligiöse Dialogformate, Politik trifft Kirche
- Mögliche weitere Themen: Empfehlungen und Handreichungen zu Veränderungsprozessen auf Kreis- und Gemeindeebene
II. Notwendigkeit der Projektgruppe
1. Emanzipation
Die derzeit laufenden und noch bevorstehenden tiefgreifenden Veränderungsprozesse betreffen die Kinder- und Jugendarbeit ebenso wie die gesamte EKiR.[4] Insoweit ergibt es sich schon aus der Natur der Sache, dass die EJiR als Akt gelebter Emanzipation Interesse an der Mitgestaltung dieser Veränderungsprozesse hat. Derartige Themen zu diskutieren, fällt klar in ihre Zuständigkeit.[5]
2. Notwendigkeit von Initiativen für die Landesebene
Dass solche Reformprozesse, die die Landesebene selbst betreffen, auch von den Gremien auf Landesebene selber angestoßen werden sollten, ist naheliegend. Schließlich befinden sich dort Personen, mit den nötigen Kenntnissen von Strukturen und Abläufen, sodass diese adäquate Veränderungsmaßnahmen entwickeln können. Außerdem würde es andere Stellen womöglich überfordern neben ihren eigenen Reformen auch noch für die Landesebene tätig zu werden.
Daraus ergibt sich, dass Vorschläge wie das oben beschriebene Internetportal, Mustergottesdienste oder Rahmenverträge für Freizeiten auf Landesebene debattiert werden müssen. Gleiches gilt für Maßnahmen im Bereich Zentralisierung, Bürokratieabbau und Bereitstellung einer einheitlichen digitalen Infrastruktur. Eine Initiative seitens der Gemeinden oder Kreise ist in diesen Bereichen eher fernliegend.
Die finanzielle Situation wird in Zukunft zu Einsparungen und Mittelkürzungen auf allen Ebenen zwingen. Dies scheint unausweichlich. Neben dieser Tatsache darf aber nicht der Raum für kreative Ideen fehlen, die zwar auch finanzielle Einsparungen erzielen sollen, aber derweil die gelebte Arbeit vor Ort erhalten sollen. Die Projektgruppe soll im Kern ein solcher Raum sein. So kann die Kinder- und Jugendarbeit vielleicht sogar zum Vorbild für andere Bereiche werden
3. Möglichkeit von Initiativen für andere Ebenen
Die Reformprozesse auf Kreis- und Gemeindeebene liegen in Händen der Kreise und Gemeinden selber. Dennoch kann es sinnvoll sein, unverbindliche Vorgaben, Empfehlungen oder Handreichungen für Kreise und Gemeinden bereitzustellen. Einige Presbyterien und die Verwaltung sind chronisch überfordert oder wenigstens überlastet mit der Fülle an Aufgaben.[6] Eine nähere Auseinandersetzung mit damit verbundenen Fragen scheint insoweit sinnvoll, ist nach dem Antrag aber kein Schwerpunktthema für die Projektgruppe.
III. Worüber die DK entscheidet
Letztlich ist es wichtig zu betonen, dass dieser Antrag zunächst lediglich die Einsetzung einer Projektgruppe vorsieht, die sich mit den genannten Themen befasst (und nach ihrem Ermessen ggf. auch über die Beispiele hinaus). Es ist nicht abzusehen, wie sich die Projektgruppe im Einzelnen positioniert oder gar, ob sie manchen Ausführungen dieser Antragsbegründung folgt. Mit der Einsetzung der Projektgruppe spricht sich die DK zu keinem der in der Antragsbegründung genannten Maßnahmen aus. Außerdem entscheidet die DK selbst, wie sie mit dem Abschlussbericht umgehen möchte. Die Einholung von Rückmeldungen aus den Kreisen und Gemeinden ist denkbar und erscheint wünschenswert. Insoweit träfe die Delegiertenkonferenz mit Zustimmung zu diesem Antrag noch keine inhaltliche, sondern vielmehr eine organisatorische Entscheidung.
Weitere Ausführungen können auf Nachfrage bei der Delegiertenkonferenz mündlich erfolgen; Fragen und Anmerkungen vorab gerne an fabian.esser05@gmail.com.
Fabian Eßer
Krefeld-Viersen
[1] Abrufbar unter https://redstorage.ekir.de/f/653f275965554c4b838f/.
[2] Diesbezügliche Website der Landeskirche Hannovers abrufbar unter https://www.zukunftsprozess.de.
[3] Siehe dazu E.K.I.R 2035, 31.05.2022, S. 16 f.
[4] So auch der Vorstand der EJiR seinerzeit in seiner Rückmeldung zu E.K.I.R. 2030, 09.01.2022, S. 1 Abs. 1; Die Rückmeldung des Vorstands der EJiR vom 09.01.2022 (inkl. Ergänzung vom 16.01.2022) zu E.K.I.R 2025 ist abrufbar unter https://ejir.de/wp-content/themes/ejir/pdfs/EJiR_Rueckmeldung_zu_E.K.I.R.2030.pdf.
[5] Vgl. § 4 Abs. 3 Ordnung EJiR
[6] So auch der Vorstand der EJiR seinerzeit in seiner Rückmeldung zu E.K.I.R. 2030, 09.01.2022, S. 6 Abs. 2.